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Parodontitis: Ursachen, Symptome, präventive Maßnahmen – Experteninterview

In Deutschland leiden ungefähr 35 Millionen Menschen an Parodontitis. Vermutlich liegt die Dunkelziffer jedoch weit höher, denn diese chronische bakterielle Entzündung im Mundraum wird oft viel zu spät diagnostiziert. Ein Grund dafür ist, dass die Krankheit nicht sofort zu Schmerzen führt.

In unserem Webinar „Parodontitis“ spricht Gesundheitsexpertin Eszter Jopp mit dem erfahrenen Zahnmediziner und ausgebildeten Parodontologen Dr. med. dent. Peter Toth aus Budapest darüber, welche Folgen Parodontitis auf den ganzen Körper haben kann.

 

In dem Experteninterview „Parodontitis“ am 20. Juli 2023 wurden folgende Fragen beantwortet:

Was versteht man unter einer Parodontitis?

Die Parodontitis ist eine chronische Erkrankung, die rechtzeitig behandelt werden sollte. Bei einer Parodontitis ist das gesamte Zahnbett entzündet, da das Immunsystem bei der Bekämpfung von Bakterien das eigene Körpergewebe angreift. Die Bakterien in den Zahnbelägen sondern Gifte und Säuren ab, die Zähne und Zahnfleisch schädigen. In der Folge entsteht eine Zahnfleischentzündung (Gingivitis) mit anschließender Schwellung. Zwischen Zahn und Zahnfleisch bildet sich eine Zahnfleischtasche, in der sich Bakterien ansiedeln. Diese können eine Zahnbettentzündung auslösen.

Welcher Unterschied besteht zwischen Parodontitis und Parodontose?

Unter dem Begriff Parodontose wurden im alltäglichen Sprachgebrauch lange Zeit Erkrankungen des Zahnhalteapparates zusammengefasst. Als Überbegriff gilt diese Bezeichnung inzwischen jedoch als veraltet. Sie findet allenfalls noch Verwendung, wenn es darum geht, den Rückgang von Zahnfleisch und Kieferknochen ohne eine vorliegende Entzündung zu beschreiben.
Als Parodontitis wird die entzündliche Erkrankung des Zahnhalteapparates (Parodontium) bezeichnet. Ein Zahnfleischschwund und eine voranschreitende Zerstörung des Zahnhalteapparats geht in der Regel mit entzündlichen Prozessen einher. Dieser Begriff hat sich deshalb als korrektere Bezeichnung auch übergreifend durchgesetzt.

Welche Beschwerden bereitet eine Parodontitis?

Das Tückische an einer Parodontitis ist, dass sie sich oft erst im fortgeschrittenen Stadium bemerkbar macht. Die Zahnfleischentzündung, die ihr vorausgeht, wird unter Umständen vom Betroffenen gar nicht erkannt, da sie kaum mit Schmerzen einhergeht. Ihre Symptome sind oft schwach ausgeprägt und werden, falls sie doch auffallen, nicht ernst genommen.

Anzeichen für eine Gingivitis sind:

  • Schwellungen und/oder Rötungen am Zahnfleisch
  • Druckgefühl an den entzündeten Stellen, schmerzhafte Stellen
  • Zahnfleischbluten, das nicht nur nach zu kräftigem Zähneputzen auftritt
  • Mundgeruch

Wer solche Symptome beobachtet, sollte umgehend einen Zahnarzt aufsuchen. Das frühzeitige Erkennen und eine sofortige Behandlung können verhindern, dass es zu einer Parodontitis kommt.

Folgen einer Parodontitis zeigen sich in Zahnfleischrückgang, Zahnfleischblutungen beim Zähneputzen, Mundgeruch und schlechtem Geschmack im Mund. Wird eine Parodontitis nicht rechtzeitig behandelt, kann sie im schlimmsten Fall zu lockeren Zähnen, Zahnverlust sowie zu lebensgefährlichen Erkrankungen führen.

Welche gesundheitlichen Beschwerden kann eine Parodontitis noch auslösen?

Einige Studien legen einen deutlichen Zusammenhang zwischen Parodontitis und Herz-Kreislauf-Erkrankungen nahe. Daneben besteht bei einer chronischen Entzündung des Mundraums ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf von chronischen Atemwegserkrankungen, Rheuma, Osteoporose und Bluthochdruck. Auch Einflüsse auf Demenz und Parkinson werden in der Fachwelt diskutiert. Besonders gut sind mögliche Zusammenhänge zwischen Parodontitis und Diabetes wissenschaftlich belegt.

Wie kann man einer Parodontitis vorbeugen?

Eine gute Mundhygiene ist das A und O. Wenn Sie ein paar einfache Regeln beachten, können Sie einer Parodontitis vorbeugen:

  • Putzen Sie mindestens zweimal täglich die Zähne. Warten Sie jedoch nach einer Mahlzeit damit eine halbe Stunde, um nicht den Zahnschmelz anzugreifen
  • Benutzen Sie regelmäßig Zahnseide und Interdentalbürstchen, um Zahnbelag aus den Zwischenräumen zu entfernen
  • Lassen Sie sich die dazu notwendigen Techniken und Hilfsmittel von Ihrem Zahnarzt oder dessen geschultem Personal erklären
  • Gehen Sie halbjährlich zur zahnärztlichen Vorsorge-Untersuchung. So kann eine Parodontitis frühzeitig erkannt werden
  • Bei einer so genannten professionellen Zahnreinigung (PZR) werden nicht nur alle Zähne gründlich gereinigt, sondern auch die individuellen Problemzonen aufgedeckt und deren Reinigung erklärt und geübt. Die Häufigkeit der PZR hängt vom Befund ab und sollte zahnärztlich festgelegt werden. Viele Krankenkassen geben inzwischen Zuschüsse zur PZR, da ein gesetzlicher Anspruch nur auf das Entfernen von Zahnstein einmal pro Jahr (bei Vorliegen eines Pflegegrades zweimal pro Jahr) besteht

Was beeinflusst das individuelle Parodontitisrisiko?

Es gibt mehrere Faktoren, die das Risiko für eine Parodontitis beeinflussen können. Dazu zählen:

  • Unzureichende Mundhygiene
  • Rauchen: Raucher haben durchschnittlich ein fünf- bis sechsfach höheres Parodontitis-Risiko.
  • Diabetes mellitus: Krankheiten wie Diabetes können ebenfalls eine Parodontitis begünstigen. Es ist daher auch aus dieser Hinsicht wichtig, die Grunderkrankung effektiv zu behandeln
  • Psychosozialer Stress
  • Ungesundes Ernährungsverhalten (Übergewicht bzw. Fehl- und Mangelernährung)
  • Genetisch festgelegte (vererbte) Funktionsstörungen des Immunsystems
  • Hormonelle Veränderungen (Menstruationszyklus, Schwangerschaft, Wechseljahre, etc.)
  • Bluthochdruck

Chronisch Erkrankte, wie Diabetes-, Herz- und Rheumapatienten oder auch Patienten mit Autoimmun- oder Krebserkrankung leiden aufgrund von möglichen Wechselwirkungen besonders an den Folgen einer Parodontitiserkrankung.

Sollten Sie zu der Gruppe der Risikopatienten zählen, mehrere Risikofaktoren auf Sie zu treffen oder ein angegriffenes Immunsystem haben, dann ist eine gute Zusammenarbeit zwischen Ihrem Zahnarzt und Ihrem Hausarzt empfehlenswert.

Grundsätzlich sollten alle Personen über 40 Jahre, auch wenn Sie keiner Risikogruppe angehören, die regelmäßige Prophylaxe und halbjährliche Vorsorgeuntersuchung beim Zahnarzt wahrnehmen. Hiermit sorgen Sie nicht nur für Ihre Zähne, sondern auch für Ihre allgemeine Gesundheit und Fitness vor.

Wie wird eine Parodontitis behandelt?

Die schlechte Nachricht zuerst: Den meisten Menschen ist nicht bewusst, dass eine Parodontitis nicht heilbar ist – es handelt sich um eine chronische Entzündung. Wer einmal eine Parodontitis entwickelt hat, benötigt folglich lebenslange zahnärztliche Kontrolle und Betreuung. Die moderne Parodontitistherapie kann den Abbau des Zahnhalteapparats zwar nicht rückgängig machen – aber die Entzündung in den meisten Fällen verlangsamen oder gar stoppen. Für eine nachhaltige Parodontalbehandlung ist folglich ein langfristiger Prophylaxe-Gedanke unverzichtbar. Zu den gängigen Behandlungsmethoden gehören eine gründliche PZR, eine Entfernung von bakteriellen Belägen und Zahnstein, Wurzelglättung sowie in fortgeschrittenen Fällen chirurgische Eingriffe. Eine gute häusliche Mundhygiene und regelmäßige Nachsorge sind zwingend erforderlich, um den Behandlungserfolg aufrechtzuerhalten.

Welchen Unterschied gibt es bei einer Behandlung in Ungarn?

In Deutschland kann eine Parodontitisbehandlung bis zu zwei Jahre dauern und wird entweder von einem Zahnarzt oder einer Dentalhygienikerin durchgeführt. In Ungarn ist die Behandlungsdauer kürzer, hier sind nur drei Aufenthalte erforderlich. Hier erwarten Sie ausschließlich sehr erfahrene und speziell ausgebildete Fachärzte für Parodontologie. In Ungarn dürfen per Gesetz Parodontitisbehandlungen nur von Zahnärzten durchgeführt werden.

Wie beteiligt sich die Krankenversicherung an den Kosten der Behandlung?

Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen halbjährlich die Kosten für die allgemeine Kontrolluntersuchung beim Zahnarzt und eine Zahnsteinentfernung pro Jahr. Zudem ist der Parodontale Screening Index (PSI) als Früherkennungs-Untersuchung alle 2 Jahre Kassenleistung. Beim PSI wird mit einer Spezialsonde die Tiefe der Zahnfleischtaschen gemessen. Als behandlungsbedürftig gilt eine Parodontitis ab einer Zahnfleischtaschentiefe von 4,0 Millimetern oder mehr. Damit die gesetzlichen Kassen die Kosten übernehmen, muss vor Behandlungsbeginn ein schriftlicher Antrag der Zahnarztpraxis bei der Krankenkasse gestellt werden.

In der neuen Richtlinie zur Parodontitisbehandlung ist festgelegt ist, dass Zahnärzte vor der Therapieplanung Stadium und Grad der Erkrankung erheben und Risikofaktoren wie Diabetes mellitus oder Rauchen abklären müssen. Dann folgt ein Aufklärungs- und Therapiegespräch, in dem die weiteren möglichen Schritte besprochen werden. Dabei sollen Patienten ausdrücklich darauf hingewiesen werden, die Therapie selbst aktiv zu unterstützen, etwa durch gute Mundhygiene zu Hause. Auch die Zusammenhänge von Parodontitis mit zahlreichen Erkrankungen wie Diabetes mellitus, koronaren Herzerkrankungen oder Schlaganfall sollen angesprochen werden.

Viele Kassen bezuschussen aber Zahnreinigungen, wenn sie regelmäßig stattfinden.

Haben Sie noch Fragen zu dem Experteninterview oder Ihrer Zahnbehandlung in Ungarn? Dann kontaktieren Sie uns bitte unter info@zahnklinik-ungarn.de oder über das Kontaktformular.

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